WingTsun, "Schöner Frühling" – die Geschichte einer faszinierenden Kampfkunst

WingTsun ist ein altes südchinesisches Selbstverteidigungssystem und gehört zu den sogenannten "inneren" bzw. "weichen" Kampfkünsten. Einer überlieferten Legende zufolge wird der Ursprung des WT auf die buddhistische Nonne Ng Mui zurückgeführt.

Die Erzählungen über die Stilbegründerin Ng Mui und ihrer Schülerin Yim Wing Tsun sind teils Legende und teils historischer Fakt. Nichts desto trotz bleibt die Faszination und Aussagekraft dieses Mythos weiter bestehen.

Ng Mui lebte, der Sage nach, vor ca. 250 Jahren als einzige Frau unter Mönchen in dem sagenumwobenen „Shaolin“-Kloster und soll selbst ihren männlichen Zeitgenossen kämpferisch weit überlegen gewesen sein. Der Regierung der Ching-Dynastie waren die herausragenden Kampfkünste der Shaolin-Mönche ein Dorn im Auge und es wurde beschlossen, die Mönche zu töten. Nach langen Kämpfen war dies der Regierung noch immer nicht gelungen, da die Mönche erbitterten Widerstand leisteten. Doch eines Tages brannte das Kloster! -Verrat! Einige Mönche hatten sich mit der Regierung verschworen und selbst das Kloster angezündet. Viele Mönche starben, einige konnten fliehen, nahmen eine Tarnidentität an und verteilten sich über das ganze Land. Die Nonne Ng Mui zog sich in die Berge zurück, widmete sich weiterhin dem Zen und den Kampfkünsten und entwickelte ein neues Selbstverteidigungskonzept, welches auch einen schwächeren Menschen befähigt, einen in klassischen Kampfkünsten Trainierten zu besiegen.

Kampf zwischen Fuchs und Kranich, Nonne Ng Mui

Der Legende nach beobachtete Ng Mui einen Kampf zwischen einem Fuchs und einem Kranich. Jedes mal, wenn der Fuchs angriff, wehrte der Kranich mit einem Flügel den Angriff ab und griff gleichzeitig den Fuchs mit seinem Schnabel an. Dieses Prinzip der Gleichzeitigkeit von Abwehr und Gegenangriff ist auch heute noch fest verankert in den Kampfprinzipien des WingTsun.

In den Bergen traf Ng Mui ein Mädchen namens Yim Wing Tsun. Sie wurde einzige Schülerin der alternden Nonne und alleinige Erbin deren Kenntnisse. Zu Ehren dieses Mädchens nannte man diese Selbstverteidigungsmethode „WingTsun“, kurz - WT. Über Jahrhunderte hinweg wurde sie nur den engsten Vertrauten unterrichtet, da einige Techniken tödlich sein können.

Doppelmesser-Training mit GM Kernspecht

WingTsun, so wie es jetzt unterrichtet wird, geht auf Großmeister Yip Man zurück. Er gilt als "Vater des WingTsun". Großmeister Leung Ting erlernte von seinem Lehrer Yip Man diesen Stil in Hong Kong und systematisierte ihn, bevor er ihn in der Welt verbreitete und auch an seinen deutschen Meisterschüler Keith R. Kernspecht weitergab. Dieser führte WT mit modifizierter Didaktik sowie unter Berücksichtigung der westlichen Mentalität in Europa ein und gilt heute als "Vater des WT in Europa".

WT ist eine geniale Kampfkunst mit ausgereiftem Methodikrepertoire, welches kontinuierlich weiterentwickelt wird. Basis hierbei sind die dem WingTsun zugrunde liegenden Prinzipien, welche je nach Situation angepasst werden. Dadurch wird eine Anhäufung stereotyper Techniken vermieden. WingTsun bleibt flexibel und lebendig.

WT ist ein Kampfsystem, in dem keine "toten" Formen unterrichtet werden. Angriff- und Abwehrtechniken folgen keinen festgesetzten Bewegungsmustern, sondern passen sich dem Krafteinsatz des Gegners, der Situation an. Beim WT verwenden wir zur Abwehr und zum Konter prinzipiell die Kraft des Angreifers, und verstärken diese durch unsere eigene Kraft.